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Vanessa F. Fogel „Hertzmann’s Coffee“

Juli 25th, 2015 ·

85 Jahre hat Yankele Hertzmann auf dem Buckel. Sehr schlecht hat für ihn und seine jüdische Familie das Leben in den 1930er und 40er Jahren inmitten des Nazi-verseuchten Deutschlands begonnen. Gut ist es weitergegangen mit der Heirat der treuen und energischen Dora sowie der Gründung des Familienunternehmens in der zweiten Heimat New York. Familie Hertzmann macht, nunmehr in der zweiten Generation, in Kaffee und ist zu einem stattlichen Unternehmen aufgestiegen. Aber genau diese zweite Generation, bestehend aus den drei Herztmann-Söhnen und Tochter Jasmin, gefährden das mit viel Herzblut aufgebaute Imperium.

Es gibt eine feste Spielregel zwischen Yankele und Dora: Immer nach vorne, nie nach hinten schauen. An dieser Regel beginnt Yankele zu zweifeln. War es richtig, den Kindern nichts vom Grauen der NS-Zeit zu erzählen? Wieso kämpfen die Kinder gegeneinander und nicht miteinander für das Familienunternehmen? Yankele beschließt eine Videokamera zu kaufen und damit „dieses Youtube“ zu nutzen, um endlich, endlich zu erzählen. Und während seiner Reise in die Vergangenheit, denkt Yankele auch an seine Schwester, die mit ihm die einzige war, die den Holocaust überlebte, aber den Kontakt nach ihrem südamerikanischen Exil abbrach.

Fogel schreibt über schwere Themen leicht, warmherzig und einladend, ohne der Tiefe ihrer Geschichte zu schaden. Zwar erzählt sie auf mehreren Zeit- und Personenebenen, begleitet den Leser durch ihren Roman aber so nah, dass keine Verwirrungen entstehen und die Lesefreude erhalten bleibt. Diese Familienchronik, entlang ihrer Hauptperson Yankele erzählt, startet mit der schwärzesten Zeit Deutschlands und mündet in der Frage, wie viel Schweigen aus Rücksicht auf die Liebsten um sich herum wirklich gut tut. Die Autorin zeichnet anhand der Familie Hertzmann nach, wie Vertreibungen Familien bis ins Mark erschüttern, so dass noch die Urenkel diese Erschütterungen deutlich spüren. Geschickt fängt Fogel die Tragik der Hertzmanns mit subtilen Humor ab. Am Ende bleibt das Gefühl wie gerne man die Familie kennenlernen würde.

4 von 5 Punkten

Tags: Belletristik