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Christian Saehrendt/Steen T. Kittl, „Das kann ich auch! Gebrauchsanweisung für Moderne Kunst”

Februar 26th, 2017 ·

Wer schon mal eine Performance gesehen, vor Bildern oder Skulpturen gestanden und über deren Sinnhaftigkeit gerätselt hat, wer sich ein ums andere Mal in einer Galerie insgeheim dachte: „Mensch, und dafür hat jemand studiert?“, wer sich über die horrenden Preise, die ein Kunstwerk heute erzielen kann, wundert oder aber wer sich im Gewebe der Gegenwartskunst heillos verheddert, der hält mit diesem Buch den richtigen Wegweiser in Händen.

Das Buch eignet sich hervorragend dazu, einen ersten Überblick über Künstler und Formen Moderner Kunst zu bekommen und einen Eindruck vom enormen Geldmarkt des weltweiten Kunsthandels. Saehrend und Kittl, sind als Bildende Künstler und Kunsthistoriker vom Fach. Sie schlagen einen heiteren, leicht verständlichen Ton an, dem Kunstfrischlinge gut folgen können, ohne alte Kunsthasen mit Banalitäten zu verschrecken. Erfrischend lesen sich die Seitenhiebe auf vermeintlich renommierte Künstler und ihr schafähnliches Gefolge, genauso erfrischend wie die über potente Kunstsammler und ihr an Religiosität grenzendes Verhältnis zu Kunstwerken – bis zum nächsten goldenen Kalb.

Zu kurz kommt der ganze Bereich von Künstlern, jenseits des Starhabitus‘, also denjenigen, die eben nicht an dem Geldhahn angeschlossen sind und dennoch in „Moderner Kunst“ machen. Die Autoren sind insbesondere in ihre Kapitel über die finanziellen Machenschaften rund um den verrückten Kunsthandel verliebt. Nicht unbedingt ein Gefühl, dem man sich beim Lesen anschließen mag. Es geht hier sehr ins Detail und einige Inhalte wiederholen sich. Dazu nervt mit Fortschreiten der Lektüre der irgendwann allzu laxe Ton der beiden. Während des Lesens ist der Schampus praktisch zu riechen. Ein bisschen weniger „Salongeplauder“ hätte dem Buch gut getan.

Genauso wäre ein noch sehr viel deutlicher Hinweis, dass sich Gegenwartskunst ebenso wie „historische“ Kunst über Emotionen des Betrachtenden oder aber aus dem Kontext bzw. der Kunstgeschichte erschließen lässt, hilfreich gewesen. Mit der klareren Ausführung dieser Punkte hätten Saehrend und Kittl das Vorurteil „You get what you see“ ausräumen können. Genauso wenig wie sich Literatur, Musik, Sport und andere Bereiche kulturellen Lebens im zeitlichen Vakuum befinden, also immer auch auf Geschichte aufbauen und auf sie verweisen, ist es nun mal in der Bildenden Kunst. Zwar gibt es dazu einen schönen Vergleich mit dem Verständnis über Fußball und dessen Beurteilung, der aber bleibt insgesamt doch recht zurückhaltend. Trotz dieser kleinen Mäkeleien ist das Buch lesenswert und ein hilfreicher Einstieg in das Thema.

4 von 5 Punkten

Tags: Sachbücher · Kunst